Walter del la Mare (1873 – 1956)
Die Lauschenden
 
  "Ist jemand da drinnen?" Der Reisende sprach's
und schlug an das mondhelle Tor;
und sein Roß rupfte rings in der Stille des Walds
das Gras zwischen Farnen hervor.
Und ein Vogel flog aus dem Ecktürmchen auf
hoch über den Reisenden hin,
und er klopfte ein zweitesmal gegen das Tor
und fragte: "Ist jemand da drin?"
Doch niemand stieg zu dem Fremden herab,
und es neigte aus laubgrüner Wand
kein Kopf sich, ihm in das Auge zu sehn,
wie er still und verstört dort stand.
Ein Schwarm von gespenstischen Lauschern nur,
der im einsamen Haus sich gesellt,
stand mondbleich im Innern und lauschte dem Laut,
der da kam aus der Menschenwelt:
verdrängte das Mondlicht vom Treppenschacht,
der hinab in die Halle ging,
und horcht' in die Luft, die noch schwang von dem Ruf,
den sie von dem Fremden empfing.
Und er spürte im Herzen: sie waren ihm fremd,
ihr Schweigen, das still zu ihm sprach,
und es regte sein Roß sich beim Weiden im Gras
unterm Sternen- und Blätterdach.
Denn plötzlich schlug er noch lauter ans Tor
und hob seinen Kopf und sprach:
"Sagt ihnen, ich kam, und die Antwort blieb aus,
und daß ich mein Wort nicht brach!"
Die Lauschenden regten und rührten kein Glied,
doch was er gesagt, jedes Wort,
fiel hallend hinab durch das düstere Haus
von dem einsam Wachenden dort.
Sie hörten den Fuß auf dem Steigbügel noch
und wie Eisen auf Steingrund prallte,
und die Stille, die sachte zurückgewogt kam,
als das Preschen der Hufe verhallte.
(2001)
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