Schüttelreime
Guck ich mal in meine Kasse,
stets dasselbe: keine Masse.
 
Ihre Stirn dem Kritikaster bieten
heut die Filme noch von Buster Keaton.
 
Wenn winters meine Kerze leise rußt,
erwacht allmählich meine Reiselust.
 
Zu Hause warn die Sitten strenge:
es gab, wenn wir uns stritten, Senge.
Erst wurde uns der Po gereinigt,
hingegen später roh gepeinigt.
 
Den Knaben zieht man mit der Rute,
wohl nimmermehr zum Rittermute.
 
Der einstmals auf den Kuß der Muse sann,
heut ist der nur noch seiner Suse Mann.
 
Verwirrt von vieler Nebensachen Flucht,
verfällt der Mensch so mancher flachen Sucht;
das Fernsehvolk in seinen Feriensesseln
läßt sich nur noch von Krimiserien fesseln.
 
Wieviele Jünglinge im Wahne fallen,
verführt von einer bunten Fahne Wallen!
 
Gib's auf, an dieser krummen Welt zu feilen,
den Weltverbess'rer macht sein Wüten blind.
Gesünder ist's, in Wald und Feld zu weilen,
zu schnuppern Morgenduft und Blütenwind.
 
Gestehe, wenn Du ehrlich bist,
daß niemand unentbehrlich ist.
 
Unausweichlich, wenn auch langsam
wird dein einst so muntrer Sang lahm;
schon schilt man dich "altes Haus" –
halt es aus!
Auch Schwätzer können unter Umständen
stumm enden.
 
Geheime Kräfte leise weben,
nur wer sie kennt, mag weise leben.
 
Es trinkt sogar das Warzenschwein
dereinst des Todes schwarzen Wein.
 
 
Willst bieten du dem Diebe Schach,
schließ deines Autos Schiebedach!
 
Himmel, welcher weise Retter
schickt uns bess'res Reisewetter?
 
Wenn in dem Buch auch vieles stand –
ob es die Kunst des Stiles fand?
 
Der hochberühmte Minnesänger
erwies sich als ein Sinnemenger:
das Publikum, von miesen Rängen,
warf faules Obst in Riesenmengen.
 
Wer nur der Bücher Sinn gepaukt,
hat an dem falschen Pinn gesaugt.
 
In einem Buch man gern die Seiten wendet,
wenn's kühn uns in des Lebens Weiten sendet.
 
Du willst doch an der Weisheit Licht genesen,
und Schopenhauer hast du nicht gelesen?
 
Was bleibt von all den Frohnaturen? Asche!
Und die paßt dann in eine Uhrentasche.
 
Die meisten durch das Leben hasten,
sie schleppen Bürden, heben Lasten,
sie machen manchen Scheck zu Waffen,
um ihre Gegner wegzuschaffen –
doch wenn der Mond, der silberweiße, scheint,
so mancher ob des Lebens Sch.... weint.
 
Der Staat, der sonst doch alle Dinge lenkt,
nur selten an uns Dichterlinge denkt:
wer je im Dienst der Musen alt geworden,
kriegt weder kleine noch gewalt'ge Orden.
 
Strotzt die Welt von Waffen schier:
trotzdem, Jungs, das schaffen wir!
 
Wolln hoffen, daß die heile Welt
noch eine kleine Weile hält!
 
Wenn der Mensch in seinem Walten irrt,
wohin schleicht er dann? Zum alten Wirt,
Er bestellt die Lieblingssorte Wein,
und dann läßt er alle Worte sein.
 
 
Limericks
Es kaufte ein Playboy in Emden
sich immer die teuersten Hemden.
      Er lebte gar flott,
      und als er bankrott,
da konnte das keinen befremden.
 
Ein Fremder behauptet von Betzdorf,
er fühle sich dort wie in Schwätzdorf.
      Der Ausspruch ging rund
      von Munde zu Mund –
nun fühlt er sich eher in Hetzdorf.
 
Ein Bauunternehmer aus Weitefeld,
der hatte auch noch nach der Pleite Geld.
      Woher das wohl kam?
      Ein Weib er sich nahm:
die Mitgift der Frau war das zweite Geld.
 
Es hatt' sich ein Lausbub aus Wissen,
beim Raufen die Buxe zerissen.
      Da ließ er sie runter
      und hat frisch und munter
auf dieses sein Beinkleid gesch...
 
 
Ein Lastwagenfahrer aus Khartum,
der drehte sich während der Fahrt um.
      Da machte es "muh",
      und er fuhr eine Kuh
von besonders neugieriger Art um.
 
Es sprach ein Professor aus Aachen
fast zweihundert lebende Sprachen.
      Doch fuhr er aufs Land,
      kein Wort er verstand
von dem Platt, das die Dörfler verbrachen.
 
Es war mal ein Jüngling in Danzig,
der sagte: "Heut nachmittag tanz ich!"
      Doch kaum im Lokal,
      verließ er den Saal,
denn ach, seine Dame roch ranzig.
 
Was hilft es dem Krösus aus Eiserfeld,
wenn nächtens sein Wachhund sich heiser bellt?
      Die Einbrecher knackten
      den Geldschrank und sackten
sich alles ein. Nun spart er weiser Geld.
 
Nonsens
  Zwitscherlings Trällerlied

Krikel-krakel Hahnenfuß,
Drude, dreh den Fidibus,
zeichne Zirkel zimtenbraun,
Runen auf Alraunenzaun.

Hast du Hirse dann gesät
in das Feld, das keiner jät',
stimm die stumme Klampfe an,
daß der Geiger stampfen kann.

Fiedle auch dem Stern ein Licht,
daß er nicht die Pille bricht,
die der kalke Gräberjan
ihm ins Portemonnaie getan.

Sing dem Tod die Farben vor,
die das Leben längst verlor.
Wahre Weise wissen's meist:
Kreißt er nicht, so kreist der Geist.
  In drei Minuten

Sonne welkt und Mondesbaum verdorrt,
in dem Schatten bei den Brückenjochen
kreischt der neunzehnfach gebrochne Knochen,
zischelt eisig das Ersäufungswort.

Aus den Särgen fließt das Blut aufs neue,
und die Leiche macht sich auf den Weg;
aus den Blättern meiner Kartothek
zwängt sich seufzend wiederum die Reue.

Um die Lampe fängt es an zu kreisen,
Bilder fallen rasselnd von der Wand,
Astern hält der Mond in kühler Hand,
knirschend prüft der Wüterich das Eisen.

Umzugehen wird dem Gauch erlaubt,
der des Lebens Wein zu scheu getrunken;
hämisch nicken in der Nacht die Funken,
auf den Händen trägt er stumm sein Haupt.
  Wissenschaft

Ein Professor der Botanik
provozierte eine Panik
durch die kühne Hypothese,
daß die Rose nicht verwese,
eh die letzte Dichterlippe
stumm ward unter Todes Hippe.
Dies, so sprach er, sei als Faktum
nicht im strengen Sinn exactum,
also daß man es als novum,
bildlich ausgedrückt, als ovum,
oder gleichsam als Idee
anzuschaun geneigt sich seh.
Andrerseits, so sprach er, werde
eines fernen Tags die Erde,
deute kundig er die Zeichen,
einer schwarzen Rose gleichen.
Wissenschaft, so fuhr er fort
und betonte dieses Wort,
Wissenschaft sei ohne Frage
kategorisch in der Lage,
eine Rose schwarz zu züchten.
Nur – wer würd' sie dann bedichten?
Welchem Panegyriker,
rief er, welchem Lyriker
werde es denn wohl gelingen,
eine Blume zu besingen,
die, statt honiggelb und rot,
wäre schwarz wie Nacht und Tod?
Dies, dozierte er noch flugs,
bleibe bis zum Schluß die Crux.
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